Amtsgericht Neu-Ulm
26.04.2024

Bundesrat befasst sich mit Gesetzentwurf für den Einsatz von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern / Bayern lehnt den Gesetzentwurf ab / Justizminister Eisenreich: "Der Gesetzentwurf ist realitätsfern, legt Strafverfolgern Steine in den Weg und belastet unnötig unsere ohnehin stark geforderten Gerichte."

Der Bundesrat hat heute (26. April) im ersten Durchgang über einen Gesetzentwurf zur Regelung des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen (V-Leuten) beraten. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz lehnt das Gesetz in großer Übereinstimmung mit dem bayerischen Innenministerium und den bayerischen Gerichten und Staatsanwaltschaften weiterhin ab. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: "Clan-Kriminelle, Menschenhändler, Rechtsextremisten oder gewaltbereite Islamisten schotten sich zunehmend ab. Der Einsatz von V-Leuten hat sich in vielen Fällen als – oftmals einziges – wirksames Mittel im Kampf gegen Organisierte Kriminalität und Extremismus erwiesen. V-Leute liefern wichtige Insider-Informationen im Kampf gegen das Verbrechen. Die Neuregelung erschwert den Einsatz von V-Leuten und droht, eine wichtige Ermittlungsmaßnahme zum Enttarnen krimineller Strukturen erheblich zu belasten."

Der Minister: "Der strafprozessuale Einsatz von V-Leuten auf Basis des geltenden Rechts ist seit vielen Jahren höchstrichterlich und auch vom Bundesverfassungsgericht anerkannt. Es besteht Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, ein Regelungsbedarf besteht daher nicht." Insoweit ist nicht nachvollziehbar, warum zur Begründung eines Regelungsbedarfs auf Erkenntnisse aus den NSU-Untersuchungsausschüssen Bezug genommen wird. Dabei ging es schlicht nicht um strafprozessuale Einsätze von V-Leuten.

Bislang sieht die Strafprozessordnung eine ausdrückliche Regelung nur für Verdeckte Ermittler vor, d.h. Polizisten, die über einen längeren Zeitraum unter falscher Identität (sog. Legende) verdeckt ermitteln. Der Einsatz von V-Leuten (d.h. von Privatpersonen, die den Strafverfolgungsbehörden Informationen beschaffen) kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts ohne weiteres auf die Ermittlungsgeneralklausel der Strafprozessordnung gestützt werden. Die Gesetzesreform sieht u.a. folgende strenge Auflagen für einen Einsatz von V-Leuten vor:

  • Richtervorbehalt: Der Einsatz von V-Leuten muss nun auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch das Gericht angeordnet werden. Eisenreich: "Dem Gesetzentwurf liegt ein völlig unbegründetes Misstrauen in die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden und insbesondere in das Ermittlungsinstrument der V-Person zugrunde. Der Richtervorbehalt würde einen unabsehbaren Mehraufwand an erforderlichen Einzelgenehmigungen erfordern und unsere Gerichte weiter unnötig belasten."

  • Strenge Regeln zum Kernbereichsschutz: V-Leute sollen laut Gesetzentwurf künftig nicht mehr in besonders enge Nähebeziehungen zu Zielpersonen treten. Eisenreich: "Das ist aus Sicht unserer Ermittler lebensfremd. Wie soll sich ein V-Mann ohne engste persönliche Kontakte Zugang beispielsweise zum inneren Kreis krimineller Clans oder von Menschenhändlerringen verschaffen?"

  • Dokumentationspflichten: Der Gesetzentwurf schreibt Wortlautprotokolle für die Gespräche der V-Leute-Führer mit ihren V-Leuten vor. Eisenreich: "Die Wiedergabe des Wortlauts oder schon die Preisgabe des Treffpunkts mit den Ermittlern könnten dazu führen, V-Leute zu enttarnen und in Gefahr zu bringen."

  • Höchsteinsatzzeit: Zuverlässige V-Leute brauchen oft Jahre, um sich in ermittlungstaktisch interessante Hierarchieebenen einer kriminellen Struktur heraufzuarbeiten. Nun soll eine Einsatzdauer für V-Leute grundsätzlich auf zehn Jahre begrenzt werden. Eisenreich: "Die Reform kann dazu führen, dass besonders zuverlässige V-Leute mit Zugang in höchste Kriminalitätskreise nur aufgrund einer abstrakten Frist künftig nicht mehr zur Verfügung stehen."

Minister Eisenreich: "Dieser Gesetzentwurf ist realitätsfern, legt den Strafverfolgern Steine in den Weg und belastet unnötig unsere ohnehin stark geforderten Gerichte. Ich empfehle dem Bundesjustizminister dringend einen Besuch vor Ort und einen Blick in die Praxis."

Dauerausstellung Weiße Rose Saal

Ihren Mut zur Freiheit haben die Geschwister Scholl und vier ihrer Freunde mit dem Leben bezahlt. Wohin es führen kann, wenn die Dritte Gewalt im Staate ihre Unabhängigkeit verliert, zeigt die Dauerausstellung Willkür "Im Namen des Deutschen Volkes".


Weitere Infos finden Sie hier

Wussten Sie eigentlich …?

… dass die Fachgerichtsbarkeiten, d.h. die Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte in Bayern nicht zum Justizressort, sondern zum Geschäftsbereich der jeweiligen Fachministerien gehören?